Schwefelwasser

In der Nacht hat es ein wenig geregnet und jetzt nieselt es leicht. Es ist gerade 6 Uhr durch und ich bin auf dem Weg zum Duschen. Es sind Gemeinschaftsduschen wie in einem Schwimmbad der 50er Jahre, recht einfach und leicht lädiert. Das Wasser aus der Dusche riecht nach faulen Eiern und ist sehr heiß. So heiß, dass ich mich gar nicht in den Wasserstrahl stellen kann, dabei steht das Mischventil bereits auf Anschlag kalt.

Den Duschgang konnte ich ohne Verbrühungen hinter mich bringen. Auf dem Rückweg zum Bus höre ich bei den „Happy Campern“ überall die Standheizungen fauchen. 

Immerhin können wir nach dem Frühstück unser Geschirr mit echt heißem Wasser aufwaschen! Vor der Weiterreise wird nur entsorgt, dass Auffüllen unserer Trinkwasservorräte wird wegen des Schwefels auf ein andermal verschoben.

Wieder nach Osten

Um 9 Uhr sind wir wieder auf dem Weg nach Osten, der Sonne entgegen. Warum wieder nach Osten? Wir müssen nicht stur einer Route folgen und so in die vielen Schlechtwettergebiete hineinfahren. Deshalb machen wir während unserer Reise einige abrupte Richtungswechsel und fahren gut damit. Leider lassen wir so u.a. auch die Westfjorde ausfallen. Aber das Wetter ist stellenweise richtig übel. Aktuell gibt es nur im Osten und später auch im Süden Sonnenschein. Auf der Ringstraße [1] lässt es sich gut fahren, auch wenn es weniger aufregend ist.

Reiseroute von rot nach blau. grün = Freistehen, gelb = Campingplatz.

Wir biegen auf die [901] ab. Die Gravel Road windet sich auf und ab und ist ziemlich matschig. Deshalb pausieren wir am Aussichtspunkt von Möðrudalsöræfi bis der Regen vorbei gezogen ist. Das dauert etwa eine Stunde, dann geht es durch eine sehenswerte Landschaft. Weite grauschwarze Felder wechseln mit überraschend leuchtend grünen Ebenen ab und in der Ferne sind hohe Berge zu sehen.

Irgendwann landen wir wieder auf der Ringstraße [1] , die aber recht langweilig zu fahren ist. Also biegen wir erneut auf eine Gravel Road ab. Die [924] führt über knapp 25 km fast parallel zur Ringstraße [1] und ist kaum befahren. Wir passieren einige Bauerhöfe und die Landschaft erinnert eher an Schweden oder den Südosten von Norwegen.

An einer Stelle mit festen Untergrund, direkt neben der Straße, machen wir Mittagspause und bereiten an der Heckküche vom roten Bus Hamburger zu. Während des Desserts beginnt es zu regnen! Wir beeilen uns mit dem Wegräumen, Tisch, Stühle, Geschirr, Kocher und verziehen uns in den Bus. Allerdings ist es nur ein kurzer Schauer und bald scheint wieder die Sonne.

Zurück auf der Ringstraße [1] geht es zunächst nach Egilsstaðir, wo wir das dritte Mal in dieser Woche tanken. Danach fahren wir weiter zu den Ostfjorden, denn da ist momentan Sonne! Auf der Straße [955] cruisen wir die Küste entlang und begegnen nur wenigen Fahrzeugen. In Fáskrúðsfjarðar angekommen überlegen wir, wo es für die Nacht hingehen soll und Frau schlägt die [936] vor, eine Gravel Road, die in die Berge führt.

Auf der digitalen Karte von MapOut sieht es aus wie eine Instandhaltungsstraße für die nebenlaufende Hochspannungsleitung. Aber wir probieren unser Glück. Zu Beginn lässt es sich auch gut an, dann kommt ein Schild 4×4. Doch der Weg sieht mit seinen festgefahrenen LKW-Spuren durchaus machbar aus. Auf geht´s! Es läuft auch gut, doch die Steigung nimmt zu, bis zu 30% sollen es noch werden. Aber wir suchen ja einen Übernachtungsplatz, den wir an einem sonnigen Fleckchen zwischen dem Canyon und der Gravelroad auch finden. Der Blick reicht bis zum Fjord, es sieht beeindruckend aus mit der tief stehenden Sonne.

Wir sitzen auf einem Stein und genießen die letzten Sonnenstrahlen. Danach fülle ich an einem Wasserlauf unsere Trinkflaschen und die Kanister auf. Das ist mir auf jeden Fall lieber als das Wasser von Campingplatz heute morgen.

An die Küste

Die Nacht war ruhig, am Morgen weht allerdings ein heftiger Wind . Die Sonne kämpft gegen die Wolken und gewinnt irgendwann. Nachdem uns bei den Frühstücksvorbereitungen beinahe eine Project Camper Verdunklungsmatte in den Canyon geweht wäre, bleibt die Außenküche bis auf weiteres geschlossen. Ist nicht weiter schlimm, denn wir haben ja noch den IKEA Küchenblock hinter dem Fahrersitz.

Nach dem Frühstück zuckeln wir wieder hinunter an den Fjord.

In Fáskrúðsfjörður gibt es einen kleinen Supermarkt, da füllen wir unsere Vorräte auf.

Auf einem kostenlosen Waschplatz befreie ich den Bus von seiner F-Straßen Patina. Danach folgen wir der Ringstraße [1] in Richtung Süden.

Übernachtungsplatz?

Wir kommen an den weitläufigen Strand, den wir in 2016 schon so toll fanden. Der Weg ist freigegeben, also nix wie hin! Eine versandete Stelle stoppt unseren Vormarsch, sicher ist sicher. Dann bleiben wir halt in diesem Teil. Frau tippelt zu einer grünen Düne, beobachtet die Wellen, freut sich an der Sonne und fotografiert.

Ich gehe im Bogen zur wellenbrechenden Küste (hier nisten diese angriffslustigen Seeschwalben) und filme die Wellen aus nächster Nähe – wortwörtlich! Eine besonders heftige erwischt mich, so dass ich meine Klamotten zum trocknen aufhängen muss.

Wir wollen eigentlich nicht weiter, aber diese Ecke ist leicht zugänglich und von der Hauptstraße aus einzusehen, also keine Übernachtungsoption. An der [1] ein paar Kilometer hinter Höfn ist ein neuer einfacher C-Platz, den testen wir. 

In der Nähe von Stokknes verlassen wir vor dem Tunnel die Ringstraße und fahren auf der alten Strecke zum Aussichtspunkt Almannaskarð. Leider blendet die Sonne so sehr, dass wir die tolle Aussicht nicht auf Fotos bannen können.

Pannenhilfe

Was wir jedoch sehen, ist ein Mercedes Campervan, der recht flott auf die Passhöhe fährt. Was uns anhand der Geräuschkulisse sofort auffällt, ist ein defekter Reifen. Der Fahrer hält den Mercedes kurz an um aus dem Fenster zu fotografieren, dann fährt er weiter. Da am Ende der Straße die Zufahrt zur Ringstraße mit großen Felsbrocken blockiert ist, kommt er kurze Zeit später wieder am Pass vorbei.

Einige Zeit später machen wir uns auf den Weg zurück zur Ringstraße. Auf halben Weg begegnen wir wieder dem besagten Mercedes. Das Fahrzeug ist hinten angehoben und der Fahrer versucht erfolglos, das Reserverad auszubauen oder abzulassen. Wir bieten gleich unserer Hilfe an, was die junge Frau sehr dankbar annimmt. Dem Fahrer ist es etwas unangenehm. Nach einigen gemeinsamen Versuchen das Rad abzulassen, frage ich mal nach dem Manual zum Fahrzeug. Die junge Frau sucht sofort und steht bald mit der deutschen Bedienungsanleitung vor mir. Aha, ein Lift-System, mit dem das Rad herabgelassen wir. Nachdem wir die Kurbel im Fahrzeug gefunden haben geht alles recht einfach. Die beiden Amerikaner setzen jetzt ihre Fahrt mit einem total abgefahrenen Winterreifen fort.

Campingplatz

Also; das Positive: der Campingplatz Tjaldsvæðið Myllulækur ist eben, geschottert, ruhig, mit Blick in die weite Landschaft mit Island-Pferden in direkter Nachbarschaft und weil wir keinen Strom nehmen auch sehr großzügig im Platz bemessen. Die Entsorgung ist gut ausgebaut und der Müll ist dezent abseits hinter einem Erdwall.

Das Negative: die Sanitäranlagen. Es wirkt mit ein offenen Kabeln und Rohren alles recht provisorisch und ist nicht sauber. Vor dem Geschirrspülen stehen die Camper vor dem einzigen Spülbecken in der Schlange. Eine Küche oder Aufenthaltsraum gibt es nicht. Kassiert wird jeden Abend 1800,- ISK pro Person. Für uns ist das okay, denn wir sind autark und müssen in keiner Schlange stehen.

Die Pferde kommen in der Abendsonne auf die Wiese direkt am C-Platz und lassen sich von den Besuchern bewundern, aber: nur gucken, nicht anfassen! Jedenfalls hauen sie gleich ab, wenn jemand zu dicht am Zaun steht. Einige Camper verbinden den Besuch an der Weide gleich mit ihrem Toilettengang. Wie gesagt, es gibt zu wenig Toiletten hier.

Das Wetter lässt es zu, dass wir draußen im abendlichen Sonnenschein unser Brot essen, doch sobald eine Wolke davor zieht wird es empfindlich kühl. Wir beschließen den Abend im Bus mit Standheizung