Es regnet oft in der Nacht und heute Morgen ist es nebelig, windig mit gelegentlichen leichten Schauern. Island wird richtig ungemütlich. Nach dem Frühstück cruisen wir durch das Hochland Richtung Norden mit Blick in unendliche Weiße (nein, kein Tippfehler: Der Nebel ist so dicht, man sieht kaum bis zur nächsten Kurve). Es ist wie in der Achterbahn, hoch hinaus und steil hinab, Linkskurve im Wechsel mit Rechtskurve, immer mal gerade, aber nie weit einzusehen. Die Schafe sind hier deutlich schreckhafter, die flüchten schon bei einer Annäherung auf 100 m. Nicht so abgebrüht wie die an den asphaltierten Straßen, die einfach warten bis du hupst, bevor sie die Straße räumen.
Bei dieser Sicht ziehen sich die etwa 50 Kilometer ganz schön in die Länge. Wir fahren von der [756] über die [752] und kreuzen die Ringstraße [1] bei Varmahlíð, um auf der [75] Sauðárkrókur zu erreichen. Dort kaufen wir ein und tanken Diesel und Wasser. Im steten Regen geht es an der Küste entlang die [76] Richtung Akureyri.
Mittagspause ist am Miklavatn an der Ostküste bei Sicht bis zum Ufer – viel weiter ist nicht, also keine Wale beobachten, falls welche da wären. Mittags gibt es die Reste von gestern, das Heck steht im Windschatten und die Lamm-Nuggets samt Auflauf werden in der Pfanne angebraten. Geht erstaunlich schnell und einfach.
Heringsmuseum
Wir schleichen weiter durch das tropfende Nass und landen im Heringsmuseum in Siglufjörður. Bei strömendem Regen führen wir unseren Bus-Regenschirm mal aus, der fährt immer mit und kommt nur äußerst selten zum Einsatz. Doch viel nützen tut er nicht, wir werden trotzdem pitschepatsche nass. In den drei zu besichtigenden Museumshäusern mit Artefakten vom Fang und der Verarbeitung von Hering der letzen 100 Jahre ist es zwar warm und trocken, aber sehr düster. Das mag dem damaligen Zeitgeist entsprechen, doch dadurch erkennt man fast nichts, die meisten Exponate liegen im Dunkeln. Da wäre der ein oder andere Lichtspot eine Bereicherung gewesen.
Wieder im Bus läuft erstmal die Heizung auf vollen Touren, auch die Sitzheizung, denn wir sind auch auf dem Rückweg wieder klatschnass geworden! Die nächsten Campingplätze sprechen uns nicht an, also fahren wir weiter. Nach dem letzten Tunnel der Strecke halten wir auf einem Rastplatz direkt hinter dem Tunnelportal Blickrichtung Nord-Ost … sofern der Nebel sich lichtet. Also wieder keine Sichtung von Walen möglich. Egal, Kaffeepause und letztendlich auch Stellplatz für die Nacht. Morgen soll es wieder besser werden mit dem Wetter.
Akureyri
Ha, die Sonne hat es geschafft! Immer mehr blauer Himmel kommt zum Vorschein. Unser erster Weg führt durch Akureyri zu dem Weihnachtsladen ein paar Kilometer hinter der Stadt. Ich warte im Bus und Frau geht Bummeln!
Hmmm, sie hatte sich mehr erhofft: Im Laden gibt es hauptsächlich englische und dänische Waren (Gelee, Kerzen, Geschirr, Handtücher ect) und im Weihnachtshaus ist nur konventionelle ordinäre Weihnachtsdeko in verschiedenen Größen und Verzierungen zu finden. Typischen isländische Motive fehlen. Also keine weitere Julekugel. Wir fahren zurück nach Akureyri, der Stadt mit den „Herz-Ampeln“.
Dort gehe ich zielstrebig zu einem Imbisswagen – heute gibt es Fish&Chips. Der Fisch ist frisch und echt lecker. Wir holen uns 2 Portionen und sitzen entspannt an Tischen in der Sonne. Im Hafen haben zwei Kreuzfahrtschiffe festgemacht, dementsprechend sind viele Menschen unterwegs. Beim Bummel durch die Einkaufsstraße sehen wir die lange Warteschlange vor dem „besten Hot Dog Stand Islands“, schön das wir den Fisch hatten.
In einem Park steht eine Ampel mit dem roten Herzen. Die wurde extra für Selfies aufgestellt, damit weder der Verkehr noch die Selbstdarsteller gefährdet werden. Wir fahren weiter auf die andere Seite des Fjords, aber auch hier entdecken wir keine Wale.
Campingplatz 66°12 North
Hier fahren wir eigentlich nur wegen den tollen Rezensionen und Bilder im Internet hin. Die Campingwiese sieht sehr matschig aus, aber der Betreiber versichert uns, dass es für unseren `Two Wheel Driver` easy ist. Okay, wir probieren es und…ja, es klappt, wir stehen gaaaanz vorne mit Blick auf den Nordatlantik und hoffen auf einen tollen Sonnenuntergang.
Nach dem Kaffee backt Frau einen Kuchen mit dem Omnia. Derweil halte ich ein Nickerchen im sonnenbeschienenen Fahrersitz mit den Füßen auf dem Beifahrersitz.
Der Platz füllt sich, wir sitzen draußen und – frieren. Frau holt erstmal dicke Socken, Mütze und Handschuhe und ihr Lammfell! Für den Sonnenuntergang haben wir Logenplätze, doch irgendwann wird es zu kalt. Außerdem ist draußen keine gute Stimmung und so schauen wir den Sonnenuntergang im Bus sitzend an.
Sollte es mich nochmal hierher verschlagen, stehe ich auf jeden Fall in zweiter oder dritter Reihe, denn das Treiben in der 1. Reihe ist zwar fast genauso sehenswert wie ein Sonnenuntergang, aber sehr nervig.
Arctic Coast Way
Es ist wirklich kalt hier am Campingplatz 66°12 North, im Wind muss es kurz vor dem Gefrierpunkt sein, zumindest gefühlt. Der Platz ist noch richtig voll geworden, deshalb gehe ich gleich duschen. Die ersten Camper verlassen schon vor 6 Uhr den Platz. Es ist zwar kalt, aber die Sonne scheint.
Die Duschen und Toiletten bestätigen mir, dass die vielen 5 Sterne Bewertungen nur dem Sonnenuntergang geschuldet sind. Ich liebe Freistehen.
Um 8 Uhr sind wir auch soweit, haben ver- und entsorgt und fahren auf der [85] dem Arctic Coast Way, weiter zur nächsten Halbinsel. Die Straße führt über in die [870], eine Gravel Road. Unsere Suche nach einem Platz zum Verweilen gestaltet sich schwierig. Ein abzweigender Weg führt uns nach einigen hundert Metern zu einem knochigen Walkadaver, aber keine Ecke zum länger stehenbleiben. Also vorsichtig wenden (es ist sandig und ein weicher Wegesrand) und den ganzen Schleif wieder retour.
Je höher wir in den Norden kommen, desto trüber ist das Wetter. Nebel, Nieselregen und Wind. Wir fahren einfach weiter bis es sonnig wird und bei Raufarhöfn ist es geschafft: ein kleiner Platz zum Stehen. Wir gönnen uns einen Latte Macchiato mit nem Riegel Schokolade, dann gehe ich ein Stück spazieren und Frau hält ein Nickerchen. Unsere Reise geht dem Ende zu und wir fangen jetzt an, unsere Essensreserven aufzubrauchen. Der Bundeswehrbeutel mit Gemüsereis und Hackröllchen schmeckt erstaunlich gut und ist viel besser als zu meinen Wehrdienst Zeiten.
In unmittelbarer Nähe steht das Steinmonument Heimskautsgerðið, das lediglich als Touristenattraktion gebaut wurde. Egal, bei Sonnenschein ist es hübsch anzusehen.
Übernachtungsplatz
Hinter dem Flugplatz biegen wir ab auf die [875] in der Hoffnung, an der abgelegenen Piste etwas für die Nacht zu finden. Auf halber Strecke führt ein Weg ins Gelände, der sich gut befahren lässt. Wir bleiben auf einem mit Steinen übersätem Platz stehen, erstmal Kaffeepause. Dann sehen wir weiter. Es gibt den Kuchen, den Frau gestern gebacken hat. Also, er ist nicht schlecht, durchgebacken und saftig, aber entweder schmeckt die salzige isländische Butter durch oder es haftet noch der Geschmack vom letzten Auflauf in der Form, jedenfalls hat er eine würzige Note.
Wir sind jetzt seit drei Stunden hier, bisher ist noch kein Fahrzeug vorbei gekommen und es ist total einsam. Ein guter Platz für unsere letzte freie Übernachtung.
Niemand ist vorbeigekommen, weder in der Nacht noch heute Morgen. Es war richtig kalt heute Nacht, weshalb wir vor dem Aufstehen die Dieselheizung starten. Später zum Frühstück gibt es die letzten Eier mit Speck, unsere Vorräte reduzieren sich.
Um 10 Uhr geht es weiter durch die trübe nebelverhangene Landschaft auf der [874] bis zur [85]. Von da biegen wir ab nach Raudanes, Felsformationen im Meer anschauen, die Puffins sind leider alle auf dem Wasser. Wir tippeln die Steilküste entlang und fotografieren ein bisschen, dann geht es wieder zurück zum Bus. Ein junges Paar in einem Dacia Duster fragt, ob der Weg in 10 Minuten zu schaffen wäre – Frau antwortet, dass es ca. 3 km Weg seien und es deutlich länger als 10 Minuten dauert. So viel Zeit haben die beiden auf ihrer Rundreise nicht. Ist doch schade, wenn man immer unter Zeitdruck steht und nicht mal warten kann, bis z.B. die Wolke sich verzogen hat, um ein tolles Fotomotiv zu haben.
Für die Mittagspause halte ich an einer Schottergrube mit festen Untergrund an. Es gibt wieder Bundeswehrspeisung: Bohneneintopf mit Kassler, dazu Brot und zum Dessert Joghurt.
In Vopnafjörður waschen wir den Bus. Außerdem hebe ich den Luftdruck in unserem Reifen für die deutsche Autobahn an. Da der Campingplatz Ásbrandsstaðir gleich um die Ecke ist, fahren wir dahin.
Morgen Nachmittag legt in Seyðisfjörður unsere Fähre nach Dänemark ab. Dort ist es an Fährtagen völlig überfüllt und der örtliche Campingplatz erreicht seine Kapazitätsgrenzen. Aus diesem Grund bleiben wir für unsere letzte Nacht in Island hier auf dem Campingplatz, packen unsere Rucksäcke für die Fähre und fahren erst morgen die 120 Kilometer nach Seyðisfjörður.
Abreisetag
Der Morgen beginnt mit Nieselregen und Nebel. Bis wir mit Duschen, Frühstück und aufräumen fertig sind, haben alle anderen den Campingplatz bereits verlassen. Da wir nur ca 120 km zu fahren haben, eilt es nicht. Wir fahren nochmal nach Vopnafjörður rein, tanken und kaufen ein paar Vorräte, dann gondeln wir die [85] runter zur Ringstraße [1]. Dort ist das Wetter auch nicht schöner. Auf der [1] überholen uns im dichten Nebel noch isländische Fahrzeuge, dabei sind es wirklich max 50 m Sicht! Die nächste Barke taucht gerade so im Blickfeld auf, wenn man an der anderen vorbei gefahren ist. Naja, in der Geschichte Islands sind wahrscheinlich mehr Menschen durch Vulkanausbrüche zu Schaden gekommen als durch den Straßenverkehr, also scheint es meistens gut zu gehen.
Hinter dem Abzweig zur [917], auf einem Rastplatz an der Brücke über die Schlucht vom Jökla, halten wir zur Mittagspause. Es gibt Spaghetti aus unserem Reservevorrat mit einer isländischen Tomatensoße. Auf dem Rastplatz ist ein ständiges Kommen und Gehen. Bei dem Wetter reicht ein schneller Blick in die Schlucht, dann fährt man weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit. Stressig, so eine Rundreise. Egal, wir sind fertig hier, jetzt kann es in Island so viel Regnen wie es will.
Seyðisfjörður
Der Pass nach Seyðisfjörður über die [93] ist auch völlig im Nebel versunken, keine Aussicht irgendwohin. Am Fährparkplatz in Seyðisfjörður werden wir abgewiesen. Es ist schon alles voll, wir sollen in etwa einer Stunde wiederkommen, wenn das Beladen begonnen hat. Okay, es ist jetzt 16 Uhr und wir parken an der Straße wo wir bei der Ankunft in Island schon standen. Mit Blick auf die Norröna und die Stadt trinken wir Kaffee und warten.
Irgendwann erkennen wir, dass die Verladung bereits läuft und fahren zum Check In. Dort geht es allerdings kaum weiter und wir stehen noch fast 2 Stunden in der Reihe, bis es für uns endlich auf das Schiff geht. Auf dem Parkdeck der Norröna werden die Autos so eng eingewiesen, dass es kein Durchkommen zwischen den vor, hinter oder neben uns geparkten Fahrzeugen gibt. Nach dem Aussteigen komme ich nicht mehr um den Bus rum zur Schiebetür. Wir müssen uns beeilen, denn die Reihe neben uns wird auch schon gefüllt. Also die Sachen schnell zur Fahrertür durchreichen. Das fängt ja gut an. Aber wir wissen ja was uns erwartet.
Für die Rückfahrt mit drei Übernachtungen auf der Norröna haben wir eine Nordic Luxuskabine gebucht. Viel Platz, ein breites Bett, zwei bequeme Sessel, Kapselkaffeemaschine, Minibar, gepolsterte Fenstersitzbank, ein Stuhl mit Lehne vor dem Tisch, ein Bad mit großer Dusche, sowie genügend Ablagen für die Rucksäcke und Kleidung. Und das Fenster! Mannshohe Doppelscheibe, durch die wir freien Ausblick haben. Die Scheiben werden sogar vom Salzwasser gereinigt. Hach ist das schön.
Zu den Färöer Inseln
Frühstück gibt es von 7 Uhr bis 10 Uhr, also reichlich Zeit für uns. Wir bleiben einfach liegen und schauen vom Bett aus aufs Meer – das geht durch die großen Fenster wunderbar! Nach dem Duschen sind wir um 8 Uhr bereit für das Buffett. Es ist gar nicht so voll, kein anstehen, Tisch am Fenster, alles noch in reichlichen Mengen da, da können wir schlemmen und genießen!
Die Zeit fließt so dahin. Die Fahrt durch die Färöer Inseln ist auch von unserem Panoramafenster toll anzusehen. Vor Tórshavn sehen wir ein U-Boot vorbei fahren. Während der Liegezeit in Tórshavn gehen wir von Bord und bummeln nochmals durch die Stadt.
Seetag
Ich bin schon seit Sonnenaufgang munter. Draußen ist nur Wasser und Himmel zu sehen. Frühstück ist genauso wie gestern. Ich bearbeite Island Bilder auf dem Laptop. Die Sonne scheint, aber keiner geht raus zum Fotografieren – Urlaubsmüde, übersättigt?
Irgendwann werden die Fenster durch die Sprühanlage gereinigt, jetzt ist wieder klare Sicht auf das Meer. Es passiert aber nix aufregendes, ein paar Vögel, einige Schiffe, kleine brechende Wellen (die man manchmal fälschlicherweise für den Blas eines Wal hält), Bohrinseln, ein Helikopter – das ist es schon gewesen. Wir schauen Filme, lesen, bearbeiten Bilder, spazieren an Deck, dann ist dieser Tag auch fast vorbei.
Für uns ist jedenfalls klar, so schön unsere Kabine auch ist, wir werden keine Kreuzfahrer mit Seetagen.
Heimreise
Es ist 6 Uhr und wir stehen diesmal früh auf, damit wir gleich um 7 Uhr zum Frühstück gehen können. Dann haben wir noch Zeit, unsere Sachen fertig zu packen und das Bad zu nutzen, denn die Kabinen müssen bis 8:30 Uhr geräumt werden. Klappt auch alles wie geplant, wir gehen in das Restaurant auf Deck 5, setzen uns und warten auf die Ankunft in Hirtshals. Um 10:00 Bordzeit (11:00 Uhr Ortszeit) dürfen die ersten auf die Autodecks. Wir warten noch ein paar Minuten, denn die Treppe ist schmal und steil und viele Leute mit Gepäck, Kindern und Gehbehinderung wollen da runter (der Fahrstuhl geht nur bis Deck 4). Die Autos stehen wirklich eng geparkt, doch glücklicherweise finden wir einen Durchgang bis zu unserer Schiebetür. Andere müssen draußen warten, bis die Fahrzeuge wegfahren.
Um 11:35 Uhr (Ortszeit) geht es los, doch bis wir vom Schiff und durch den Zoll sind vergehen noch 20 Minuten. Dann hält uns nichts mehr und wir brausen gen Heimat. Um 20:30 Uhr ist es geschafft, noch ein kurzer Einkauf für das Frühstück morgen, dann sind fast 6000 km Urlaubsreise zu Ende.