Nach einer kühlen, aber ruhigen Nacht direkt an der Barentssee weckt uns am Morgen die Müllabfuhr. Die sind tatsächlich 60 Kilometer von Kirkenes gefahren, um hier, am Ende der Welt, die Mülleimer zu leeren. Da die Sonne bereits hoch am Himmel steht, stehen wir gleich auf. Es ist total still hier, die anderen Camper schlafen anscheinend noch. Frau tippelt auf den ‚Berg‘ zum Fotografieren, da die Sonne jetzt günstig steht. Oben angekommen geht der Fotoapparat nicht! Akku leer! Also wieder runter, Ersatzakku holen, wieder rauf und dann ein Foto. Ich bereite derweil das Frühstück an der ‚Außenküche‘ auf dem Heckauszug zu. Die anderen Camper werden gerade munter und pilgern zum Wasser oder den Toiletten, daher Frühstücken wir im Bus.

Sonnen-Halo

Beim Abräumen des Frühstückstisches bemerke ich am Himmel einen fantastischen Sonnenhalo. Dieser entsteht in 8-10 Kilometer Höhe durch Reflexion und Brechung des Sonnenlichts an Eiskristallen. Ich knipse was das Zeug hält und stelle fest, dass ich als Einziger mit dem Rücken zum Meer stehe. Anscheinend bemerken nur ganz wenige Reisende dieses Himmelsphänomen.

Nach diesem kleinen Glücksmoment verlassen wir Grense Jakobselv und fahren entlang der russischen Grenze zurück nach Kirkenes. Am Hafen können wir Abwasser entsorgen sowie Frischwasser auffüllen. Nach einem Einkauf und kurzem Abstecher zur Erzbahn machen wir uns Richtung Vardø auf.

Königskrabbe in Bugøynes

Unterwegs verlassen wir die Europastraße 6 und machen auf der Fv355 einen Abstecher nach Bugøynes. In dem kleinen Küstenörtchen gibt es ein Bistro, welches Königskrabben auf dem Speiseplan stehen hat. Ein Bericht im Fernsehen hat mich neugierig gemacht, deshalb möchte ich jetzt Kingcrabs essen. Wir haben Glück und bekommen noch einen Platz in dem überschaubaren Gastraum. Ich bestelle den Kongekrabbetallerken und Frau Bakt potet m/krabbestuffing. Okay, wir sind gespannt.

Die Speise der Frau sieht nicht viel anders aus als heimische Ofenkartoffel mit Quark, nur das ihr Quark hier mit Krabbenfleisch verfeinert ist. Bei mir hingegen liegen diverse aufgeschnittene Krabbenbeine auf einem Holzbrett mit Dipp, Brot und ein wenig Salat.

Das weiße Fleisch was ich da heraus pule, hat eine Konsistenz wie Hühnchenfleisch, mit leichtem Fischgeschmack. Es schmeckt, aber hätte ich die Wahl zwischen Königskrabbe und halbem Hähnchen, dann wäre es ein klarer Sieg für die geflügelte Variante – besonders bei dem Preis von 65,- Euro für das Gericht. Die Ofenkartoffel mit Krabbenfleisch ist lecker. Genau die richtige Portion für die Frau, weil kein Gefummel und Gepule notwendig ist. Der Preis ist mit 25,- Euro auch noch OK.

Varanger-Halbinsel

Nach dieser ‚Erlebnismittagspause‘ geht’s weiter über die E6 zur E75. Der Wind nimmt zu, die Wolken auch. Bei der Kaffeepause mit Blick auf den Fjord bemerkt die Frau, dass der Wasserhahn an unsere Spüle nicht mehr zu geht! Ich zieht sofort den Stecker der Wasserpumpe, prüfe und erkläre dann: „Spontane Funktionsumkehr der Schließrichtung.“ Im Klartext: Du musst in die andere Richtung zudrehen! – Tchja, der blöde Wasserhahn wollte nicht so wie sie.

Die Kirche von Nesseby steht auf einer Landzunge im Varangerfjord. Hier ergeben sich eigentlich immer schöne Fotomotive, weshalb wir hier auch in diesem Jahr einen Halt einlegen.

Unsere Suche nach einem Übernachtungsplatz endet in einem Steinbruch neben der Straße bei Skallelv direkt an der Barentssee. Eigentlich wollte ich an einer alten Festungsanlage aus dem 2. Weltkrieg übernachten, aber es ist ein Sturm angesagt. Daher stehen wir lieber hinter einer Felskante des ehemaligen Steinbruchs, mit einigermaßen Sicht- und Windschutz.. Am Abend regnet es kräftig, trotzdem gehe ich nochmal raus zum Angeln. Frau bleibt zurück im kuschelig warmen Bus.

Die gefangenen Fische waren zu klein und sind deshalb wieder im Meer gelandet.

Kirberg Batterie

Die Nacht verlief erstaunlich ruhig, ein paar Windböen, etwas Regen, aber kein heftiger Sturm in unserem Eckchen. Um die Frühstücksutensilien aus dem Kofferraum zu holen, müssen wir sorgsam alle anderen Fenster/Türen geschlossen halten, sonst entsteht ein Durchzug, der die Fensterverdunklung oder Kissen davonfliegen lässt.

Nachdem alles da ist, wo es sein soll, fahren wir zur Kirberg Batterie, einer Festung aus dem II. Weltkrieg. Einige Bunker und die Fundamente der Geschützstellungen sind hier zu sehen. Es geht holprig bergauf, mit heftigen Windböen und waagerechtem Regen. Damit ich den Bus verlassen kann, muss ich mich kräftig gegen die Tür stemmen. Der Wind ist eisig und die Regentropfen tun im Gesicht weh. Trotzdem bin ich in meinem Element und mache Fotos und Videos.

Vardø

Nach zahlreichen und durchaus sehenswerten Videoclips fahren wir weiter nach Vardø. Am dortigen Flughafen passt es gerade, dass ein Flieger in Kürze ankommt. In guter Fotodistanz parken wir und beobachten die direkt an der Barentssee landende kleine Propellermaschine. Kurz darauf startet diese auch schon wieder und nun können wir durch den Tunnel nach Vardø reinfahren. Bei strömenden Regen finde ich Vardø noch trostloser als sonst. Uns verschlägt es deshalb schnell an das nördliche Ende der Insel, wo wir freien Blick auf die stürmische See haben. Es ist die rechte Zeit für das Mittagessen und im Windschatten von unserm roten Bus brutzle ich draußen frische Fischfrikadellen. Die Fischburger sind sehr lecker, auch wenn die Frikadellen auseinander fallen.

Das Postschiff der Hurtigrute müsste bald vorbei fahren, also wechseln wir ans westliche Ufer. Am Aussichtspunkt mit der Kunstskulptur Wikingerschiff /Walskelett postieren wir uns, um altes und modernes  Schiff zusammen abzulichten. Ich gehe ein paar Schritte hinter dem Bus in Stellung, Frau bleibt im Bus sitzen. Das Postschiff kommt, wir machen unsere Bilder und stellen anschließend fest, dass wir die gleichen Bildauschnitte haben, – nur das ich im Gegensatz zur Frau nass und durchgefroren bin.

Dieses nasskalte Wetter ist so uninspirierend, man hat zu gar nichts richtig Lust. Also beginnen wir etwas früher mit der Suche nach einem Platz für die Nacht. Das Eckchen von unserem letzten Nordlandurlaub mit Wohnmobil in 2017 ist nicht allzu weit entfernt, wir starten mal in diese Richtung, nach Hamningberg. Und tatsächlich, der Platz zwischen den Steinen an der schmalen Straße ist noch erreichbar.

In einiger Entfernung beobachtet uns ein Rentier. Na klar bleiben wir hier, der Regen hat nachgelassen und der Wind soll über Nacht abschwächen. Wir essen noch ein Scheibchen Brot mit Rekesalat, das war’s für heute.