Ein Abstecher nach Seui

In 2020 waren wir mit unserem roten VW Bus in Seui. Neben dem interessanten Bahnhofsgelände der Schmalspurbahn sind mir vor allem die engen Gassen von Seui in Erinnerung geblieben. Diesmal sind wir mit dem Grand California auf Sardinien unterwegs und wollen versuchen, Seui über die Höhenstraße von Norden zu erreichen. Der Einstieg zu dieser Tour führt über die SS389 Nouro – Lanusei bis an das südliche Ende des Lago Alto del Flumendosa. 

Die Anfahrt

Heute liegt eine lange Fahrstrecke hinter uns, denn wir sind für eine kurze Stippvisite bereits von der Costa Verde im Südwesten der Insel rüber an die südöstlich gelegene Costa Rei gefahren. Von dort ging es über die SS125 flott nach Norden und dann auf der SS390 mit ein paar spannenden Ortsdurchfahrten bis nach Lanusei.

Weil wir die morgige Tour auf der Höhenstraße mit vollem Dieseltank starten wollen, müssen wir im Feierabendverkehr durch den halben Ort bis zur ENI Tankstelle fahren. Da es in den Gassen und vor der Tankstelle ziemlich eng für unseren Esel wird, stehe ich schließlich an der teuren Zapfsäule mit Bedienung durch den Tankwart. Aber bevor ich selbst zur Zapfsäule greifen kann, reicht mir der junge Tankwart schon die Zapfpistole von der anderen Seite an und erklärt, dass dieser Diesel ohne Service 20 cent günstiger wäre. Ein toller Service.

Von der Tankstelle sind es noch 9 Kilometer auf der SS390, bis wir auf der linken Seite die Brücke zur ehemalige Bahnstation Villagrande Strisailli sehen. Nachdem wir die Brücke überquert haben, biegen wir rechts ab, kreuzen zum ersten mal die Gleise der Schmalspurbahn und folgen dem Weg. Hinter dem zweiten Bahnübergang biegen wir rechts ab und fahren jetzt auf der Straße oberhalb des Lago Alto del Flumendosa weiter. Die Straße am Seeufer ist kaum befahren und weil es bereits spät ist, nutzen wir eine der vielen Stellen für eine Übernachtung mit Blick auf den See. 


Auf der Höhenstraße

Der nächste Tag beginnt mit Sonnenschein und blauem Himmel. Gute Voraussetzungen für unsere Fahrt über die Höhenstraße nach Seui. Wir lassen es langsam angehen und wollen unterwegs viele Fotos machen. Es gibt hier viele freilaufende Pferde und viele Rinder, weshalb es für Reisende ratsam ist, nicht zu schnell zu fahren.


Am Kartenstein

Nach 10 Kilometern treffen wir an einem Abzweig auf den „Kartenstein“. Er markiert den weiteren Weg in das Gennargentu Gebirge. Rund um den Stein und auf der Fahrbahn liegen Rinder in der Sonne.

Am „Kartenstein“ biegen wir links ab. Die Höhenstraße führt uns jetzt allmählich auf 1000 Meter über dem Meer.


Perda ‚e Liana

Der markante Fels des Perda ‚e Liana (1293m), der sich wie ein erhobener Finger von den umliegenden Bergen abzeichnet, ist kurz zu sehen. Wer bereits jetzt einen Blick auf diesen Berg werfen möchte, der verlässt die Höhenstraße an der markanten Einmündung. An diesem Abzweig gibt es für jede Spur eine eigene eingefasste Fahrbahn. Es wirkt fast, als wäre die Abfahrt einer Schnellstraße verkleinert worden.

Die schmale Fahrbahn gewinnt zunächst mit zwei Kehren an Höhe, dann folgt ein kurzer 17% Anstieg, der am höchsten Punkt ein großes Brückenbauwerk unterquert. 100 Meter weiter biegen wir mit den GC680 in einer Dreipunktwende auf diese Brücke ab. Am Ende befindet sich ein kleiner schattiger Rastplatz und der Einstieg der Wanderwege zum Perda Liana. Mit unserem roten Bus haben wir hier oben schon mal eine ruhige Nacht verbracht.

Nach diesem Abstecher geht es zurück auf die Höhenstraße, von der wir immer wieder den weiten Blick auf das Gennargentu Gebirge haben.


Nuraghe Ardasai

Wenig später sehen wir in einer Linkskurve rechter Hand einen Felsvorsprung. Auf diesem befinden sich die Reste der Nuraghe Ardasai, einem prähistorischen Turmbau. Der Parkplatz dieser archäologischen Stätte ist großzügig bemessen.

Vom Parkplatz sind es nur 900m bis zum nächsten Abzweig. Hier müssen wir aufpassen, denn instinktiv wollen wir geradeaus fahren, zumal am Abweig rechts ein Schild mit 2 Meter Breitenbeschränkung steht. Trotzdem biegen wir nach rechts ab, denn diese Beschränkung gilt nach unserer Einschätzung nur für die Ortdurchfahrt in Seui.

Die asphaltierte Straße steigt jetzt an. Nach 500m gibt es linker Hand einen weiteren Abzweig der auf eine alternative Schotterpiste nach Seui führt. Diese werden wir jedoch erst auf der Rückfahrt befahren. 

Höhenstraße

Auf den kommenden 9 Kilometern bieten sich immer wieder tolle Ausblicke. Der Zustand der schmalen Fahrbahn ist gut und etwa alle 500m gibt es Ausweichstellen, da kann auch der Fahrer den Fernblick genießen.

Kurz bevor wir das andere Ende der „alternativen Schotterpiste“ erreichen, passieren wir die Chiesa campestre di San Sebastiano e Santa Barbara (Landkirche San Sebastiano und Santa Barbara) mit einen großzügigen Picknickplatz. 


Endspurt nach Seui

Die nächsten anderthalb Kilometer legen wir auf einer schmalen Betonfahrbahn zurück. Links der Fels und rechts der Abgrund ohne eine seitliche Begrenzung. Bei jeder möglichen Ausweichstelle merke ich mir den Kilometerstand, damit ich abschätzen kann, wie weit ich bei Begegnungsverkehr zurücksetzen müsste. 

Etwa 500 Meter vor dem Ortseingang von Seui teilt sich die Straße. Eine schmale Betonfahrbahn führt rechts nach Seui, eine breite Schotterstraße nach links. Auch wenn an der breiten Schotterstraße ein Schild mit Durchfahrtsverbot steht, der Grand California Fahrer wählt diesen Weg! Er ist in den gängigen Karten nicht eingezeichnet, aber auf Luftbildern gut zu erkennen. Diese Umgehung führt uns oberhalb von Seui um den Ort bis an den südlichen Ortseingang. Von dort sind der kleine Bahnhof und einige Parkplätze erreichbar.

Wir haben jetzt 42 Kilometer bis Seui zurückgelegt, lassen unseren Esel am Bahnübergang stehen und erkunden das Bahnhofsgelände.


Rückfahrt

Bei der Rückfahrt verlassen wir Seui auf dem gleichen Weg wie wir gekommen sind. Die Chiesa campestre di San Sebastiano e Santa Barbara lassen wir links liegen und fahren jetzt für 7,5 Kilometer auf dem alternativen Schotterweg weiter. Nach 200 m erreichen wir eine Weggabel, an der wir links fahren. Mit max. 17% führt der Weg zwischen Bäumen bergab, 300m hinter der Weggabel biegen wir im 90° Winkel rechts ab und folgen dem Weg. Wahrscheinlich war das für einen Grand California 680 schon der schwierigste Teil der Rückfahrt, denn jetzt öffnet sich die Landschaft und gibt immer weiter den Blick frei.

Interessante Felsformationen entlang der Strecke bilden schöne Fotomotive. Am höchsten Punkt der Route umfahren wir den weithin sichtbaren Monte Taddi.

Nachdem wir wieder auf der asphaltierten Strecke fahren, suchen wir einen Pausenplatz. Fündig werden wir etwas abseits unserer Route an einer kleinen Wasserfläche. An einer nahgelegenen Quelle ergänzen wir unseren Wasservorrat.

Zum Abschluss des Tages finden wir auf einer Anhöhe einen schönen Übernachtungsplatz mit Blick auf den Lago Alto del Flumendosa.

Bis auf die Schotterstrecken ist die komplette Route bei den großen Anbietern auch als Streetview zu sehen. Bei engen, schwierigen Fahrzeugbegegnungen waren die Einheimischen immer sehr entspannt und haben sich jedesmal bedankt, wenn wir Platz gemacht haben.


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