Nach unserer schönen Stadtbesichtigung in Helsinki folgen wir der Autobahn 7 in Richtung Osten. In Porvoo, so habe ich auf vielen „Must see in Finland“ Internetseiten gesehen, gibt es am Wasser alte rote Holzhäuser. Das sieht bestimmt ganz nett aus, auch wenn die Sonne für ein gutes Fotomotiv bereits etwas zu tief steht.

Nach so einem ausgefüllten Tag suchen wir einen ruhigen Platz für die Nacht. Dazu fahren wir über schmale einsame und dann auch unbefestigte Wege Richtung Süden. Unser Ziel liegt auf einem Landzipfel bei Majvikintie, wo es einen Strand gibt und Freies campen möglich ist.

Köttbodan Strand

In einigem Abstand zeltet eine Familie mit zwei Kindern. Wir müssen angesichts der quengelnden und gelangweilten Kleinen schmunzeln und freuen uns, dass unsere schon groß sind.

Das kleine Mädchen hat jetzt Abwechslung gefunden, denn es steht bei uns und fragt:“ do you speak english?“ Gleich darauf ist eine rasante Unterhaltung im Gange: wie heißt du, wie alt bist du, welche Sprachen sprichst du, wo kommst du her, kann man in dem Auto schlafen, hast du eine Küche dadrin, machst du hier Ferien, wer ist das – deine Schwester oder so… Die junge Damen ist allerdings auch sehr auskunftsfreudig: 9 Jahre, kommt in die 4. Klasse, heißt Melania, hat einen 2 jährigen Bruder, Mama aus Russland, Papa aus Finnland. Sie ist in England zur Schule gegangen, spricht auch noch etwas spanisch, italienisch, irgendwas afrikanisches und noch ein paar andere Sprachen. Jedenfalls hörte es sich sehr beeindruckend an, – bis Mama mahnend rief, sie solle keine Märchen erzählen. Na, wir hatten immerhin unsere Abendunterhaltung und das Mädel etwas Ablenkung.

Helsinki – Porvoo – Majvikintie (56 Kilometer)

An Finnlands Seen und Stränden

Es ist 8 Uhr, wir sind wach, aber draußen ist es mucksmäuschenstill. Nach der langen Reisepause sind wir etwas eingerostet und es passt nicht mehr jeder Handgriff. Ein Hühnerei ist angeknackst, also wird es nun Rührei geben. Was brauchen wir?, eine Schüssel willst du?, Die Pfanne auch, ja gleich., Schinken ist in der Kühlbox., Nein, Betten bauen wir nachher. … wie gesagt, wir sind etwas eingerostet.

Irgendwann sitzten wir dann am Frühstückstisch mit Kaffee, Weißbrot, Schinken und Rührei. Ich mit Blick aufs Wasser und Frau – auf das nahe gelegene Pfadfindercamp. Da werden gerade die ganzen Kinder von ihren Eltern abgeliefert, ein unterhaltsames Schauspiel: Teilweise sind die Rucksäcke höher als die Kinder und anstatt die Schranke anzuheben, krabbeln alle drunter durch – und bleiben natürlich hängen, gehen auf alle viere, landen auf dem Po…

Heute wollen wir Finnlands Seen erkunden. Nach dem Studieren der Landkarte fahren wir zurück zur Hauptstraße. Ein kleiner Selbstbedienungsstand am Straßenrand hat leider nur großes Gemüse, welches wir nicht verwenden können. An der Autobahn [E18] kann an einer Raststätte ver- und entsorgt werden. In der Stadt Laviie kauft die Frau noch ein paar Lebensmittel. 

Über die [26] zur [6] geht es dann durch eine ziemlich unauffällige flache Landschaft mit Bäumen. Die Straße führt dicht an der hinter Bäumen versteckten russischen Grenze entlang. An der Straße [62] biegen wir wieder ab Richtung Nordwesten. Ich habe uns einen Strand mit Übernachtungsmöglichkeit ausgesucht

Huuharanta Strand

Der Strand ist etwas abgelegen und die Zufahrt erfolgt erst über eine schmale Teerstraße, dann einen Waldweg und schließlich ein Weg mit weichem Sand. Zwischen den Bäumen am Strand sehen wir viele Autos und Zelte. Richtig was los hier! Auf den letzten 500 Meter hinunter auf Strandebene ist der Fahrweg sandig und steil – hoffentlich kommen wir da Morgen wieder hoch. 

Wir fahren fast einen Kilometer am Strand entlang und finden schließlich einen schönen Platz am Wasser. Ich rangiere den roten Bus ganz präzise zwischen die Bäumen, so dass die Heckklappe zentimetergenau vor einem Baumstamm aufgeht. Es ist es ein idyllisches Fleckchen. Nach einem frischen Salat mit Baguette gehen wir am Strand ins Wasser! Es ist flach und angenehm temperiert, keine Wellen, nur ein paar Pieksviecher schwirren über dem Wasser. Wir lassen uns in der Sonne trocknen, erfreuen uns an dem schönen Wetter und faulenzen an Finnlands Seen!

Nach dem Abendessen, – es gab selbst gemachte Burger -, sitzen wir vorm Bus und verjagen kleinste Blutsauger, so Minifliegen. Die Frau guckt Leute und schreibt ihren Reisebericht. Ich mache mir Gedanken, wo ich zukünftig am Bus ein Schlauchboot unterbringen könnte.

Majvikintie Strand – Huuharanta Strand (278 Kilometer)

Strandleben

Ahh, die Sonne scheint direkt in den Bus, wir rühren uns langsam und stehen gemächlich auf. Heute klappt die tägliche Routine schon besser und bald sitzen wir vor dem Bus am Frühstückstisch. Wir checken nochmal das Wetter und stellen fest, dass es an unserem nächsten Wegpunkt ab Nachmittag regnen soll. Hier bleibt es heute noch sonnige 30°. Das Wetter sieht für die nächsten Tage generell trübe aus, also beschließen wir kurzerhand, hier einen weiteren Tag zu verweilen. Bei Regen können wir immer noch Kilometer schrubben!

Vom Frühstückstisch geht es direkt zum Baden in den See. Weil wir jetzt den ganzen Tag hier sind, bauen wir unser neues Sonnensegel auf. Schließlich braucht der Mensch Schatten bei diesen tropischen Temperaturen. Die beigelegten Häringe sind etwas ungeeignet für Sand, aber da kein Wind geht, passt es.

Nachmittags erkunde ich den Rückweg zu Fuß, denn die Antwort auf meine Frage, ob wir den sandigen Berg hoch kommen ist ja auf morgen verschoben. Wer hier Abschlepphilfe benötigt muss jedenfalls Cash hinlegen und nicht zu wenig, – so die Kommentare in einer Stellplatzbeschreibung. Danach gehen wir nochmals baden und stellen wieder diese Blasenbildung aus dem Sand im Wasser fest – ob jetzt der Boden unter uns nach gibt und uns verschlingt? Oder kommt vielleicht ein Untier aus dem Sand geschossen und greift uns an?  Naaa, wahrscheinlich nur Biogas durch verrottendende Planzenreste, welches wir durch den Fussdruck auf den Seeboden freigesetzt haben. 

Gegen 18 Uhr ist es hier deutlich leerer und ruhiger geworden. Schon gestern waren hauptsächlich Tagesgäste hier am Strand und jetzt sind wir fast allein. Während ich unsere Burger 2.0 zubereite, werden meine Überlegungen für ein Schlauchboot jäh beendet, – denn ich habe Höhenangst! Also wird das nix mit dem Schlauchboot….

Morgen müssen wir einkaufen, unser ganz frisches Brot aus der Heimat ist verschimmelt. War wohl zu frisch und feucht für diese warmen Temperaturen.

Pieksviecher

Heute morgen ist der Himmel mit Schleierwolken bedeckt. Warm ist es trotzdem, puh! Außerdem sind immer noch viele Pieksviecher unterwegs, winzig kleine Fliegen, die sehr blutdurstig sind. Doch unser Anti brum hilft, man muss es nur konsequent auftragen. Unser ältester Sohn wollte wissen, wieviele Flaschen wir von dem Zeug mit hätten, bei ihm in Litauen hätten die Viecher die Größe von Erdnüssen – mit Schale! 

Die kleinen Dinger piesacken einen aber auch, meine Füße tragen auf jeden Fall bereits das Bergtrikot, also das mit den roten Punkten. Nach einem letzten Bad im See gestaltet sich unsere Abreise sehr erfreulich, wir bleiben NICHT im Sand stecken, weder bei der ersten Auffahrt, noch am zweiten Steilstück. Das wir von den durchdrehenden Vorderrädern in Staub gehüllt werden ist völlig normal. 

Der Plan für heute sieht eine „sehenswerte Straße“ vor; eine Sackgasse auf einer Landzunge; eine Straße mit Fährverbindung und den östlichsten Punkt Finnlands. 

Über Finnlands Seen

Wir sind die [62] zurückgefahren, dann über die [6] zur [14] und schließlich auf die [4792], der „sehenswerten Straße“. Okay, links und rechts der Straße ist Wasser denn die Route führt durch einen See. Allerdings kann man das erst richtig aus der Luft erkennen. Also die neue Drohne raus und los – mit etwas Herzklopfen bei den vielen hohen Bäumen, doch es geht alles gut und die Aufnahmen sind gut! Anschließend fahren wir über die [71] wieder auf die [6], zumindest ein paar Kilometer. Beim Abzweig [482] kaufen wir ein. 

Später pausieren wir an einem kleinen abgelegenem Jachthafen. Die Frau steht hinten am Heckauszug und erfreut sich an dem neuen Brett. Es liegt auf einer Eurobox, ist als kleine Arbeitsfläche gedacht und hat wohl für sie genau die richtige Höhe zum Arbeiten. Wir essen den Salat gleich im Stehen, das passt. Es gibt auch Wasser aus dem Schlauch zu zapfen, da wird natürlich sofort gespült und ich bade meine Füße, der Sand macht mich ganz kirre.

Nach der Weiterfahrt über die [484] biegen wir an der Kreuzung in Vahalahti nach links ab ins Nirgendwo. Das ist eine Gravel road zum Ende der Landzunge. Wir halten an einem geschotterten Platz am See – und finden es recht idyllisch. Erst mal baden, dann Kaffeepause, dann der Rest. Baden ist super, diesmal kein Sand sondern Kies, Kaffeekochen klappt auch, aber dann zieht eine Regenwolke über uns und wir packen unseren Kaffee und hechten in den Bus, Stühle, Tisch, Badesachen bleiben einfach draußen. Es kommt ein heftigen Schauer nieder, wir genießen derweil Kaffee und süße saftige Erdbeeren. Es ist trotz der Regenschauer so gemütlich, wir bleiben hier! Nach dem Regen starte ich noch einmal die Drohne und schaue mir alles aus der Luft an.

Angesichts dieses feinen Übernachtungsplatzes verzichten wir auf die Anfahrt des östlichsten Punkts von Finnland. Wenn das so weiter geht kommen wir bestimmt nie nach Norwegen. Aber es ist einfach zu schön an Finnlands Seen.