Schon bei der Wahl des Grand California 680 stand für mich fest, dass unser ESEL mehr Bodenfreiheit braucht. Wir wollen das Fahrwerk höherlegen und größere Reifen sollen drauf. Falls es unten mal zu eng wird, sind Schutzplatten für Motor und Tank eine gute Option.
Nach dem Vergleich der unterschiedlichen Umbauangebote wurde im April 2024 der Auftrag erteilt. Einbau eines Fahrwerks der Firma Seikel, Schutzplatten für Motor, Tank und Hinterachsdifferential, sowie fünf Reifen von BF Goodrich in der Größe 255/70-R16 auf Stahlfelgen.
Fahrwerk höherlegen
Im September 2024 war es dann soweit. Die beauftragte Firma war kleiner als erwartet. So gab es für mein Fahrzeug keine Hebebühne, sondern nur einen Wagenheber. Vielleicht wurden deshalb zwei Arbeitstage veranschlagt. Aber egal, solange ordentlich gearbeitet wird.
Warum die Arbeiten hier mehr Zeit brauchen, habe ich am nächsten Tag erfahren: Mein Fahrzeug stand nicht nur in der Werkstatt, sondern wurde auch gefahren – viel gefahren. Zum Reifenhändler, zur Fahrwerkseinstellung und zum Sachverständigen in Rüsselsheim. Nach der Übernahme waren 120 Kilometer mehr auf dem Tacho, mit einem Verbrauch von 18 Litern auf 100 Kilometer.
Gutachten
Das Gutachten des Sachverständigen war für 20 mm Höherlegung an der Hinterachse ausgestellt. Verbaut waren aber 50mm. Zum Glück ist mir der Fehler bei der Durchsicht aufgefallen. Außerdem liegt für die montierten Reifen 255/70-R16 von BF Goodrich keine Freigabe für die Fahrwerkskombination mit 4,2 to zul. Gesamtgewicht vor. Dies wurde wohl vom Sachverständigen beanstandet, weshalb die neue Reifengröße nicht im (falschen) Gutachten aufgenommen wurde. Nach Anfrage stellt BF Goodrich eine Bescheinigung für meine Kombination aus.
Am Dienstag wurde der Esel von jemandem (Freie Werkstatt, Reifenhändler?) auf die Straße vor der kleinen Halle gestellt. Die Betriebserlaubnis ist erloschen und es gibt kein Gutachten für die Erteilung einer neuen Betriebserlaubnis. Lediglich das Protokoll der Spureinstellung wird mir ausgehändigt. Eine Übergabe oder Erläuterungen, welche Arbeiten an meinem Fahrzeug vorgenommen wurden, erfolgte nicht. Immerhin muss ich den Restbetrag von etwa 2.300 Euro nicht sofort zahlen. Der Geschäftsführer und Mechaniker erscheint mir inzwischen ziemlich wortkarg. Fahrzeugschlüssel in die Hand – Tschüss.
Die Heimfahrt habe ich mit erloschener Betriebserlaubnis und ohne Gutachten angetreten.
Tachoabweichung
Obwohl laut Rechnung eine Tachobox zur Anpassung der neuen Reifenkombination eingebaut wurde, beträgt die Tachoabweichung +8 km/h bei 100Km/h. Diese Abweichung ist zwar innerhalb der Toleranz, aber deutlich höher als bei der Originalbereifung (+4 km/h).
Das fehlende Gutachten wurde am Samstag per Einwurfeinschreiben zugestellt. Vorab erhielt ich einen Anruf, in dem sich für die Verzögerung entschuldigt wurde. Am folgenden Mittwoch hatte ich bereits die erste Zahlungserinnerung in meinem Postfach. Wenigstens das läuft.
Leider gibt es auch kein Protokoll über die Änderung der Fahrzeugabmessungen. Ist mir im Nachhinein auch klar, denn in der Werkstatt gibt es die Möglichkeit zur Messung nicht. Muss ich also selbst ran und nachmessen.
Bei der ersten Nachtfahrt mit dem Esel fällt nicht nur mir auf, dass der Lichtkegel der LED Scheinwerfer ziemlich kurz ist. Da der Wagen jetzt hinten höher ist, verkürzt sich die Leuchtweite des Abblendlichts auf unter 40 Meter. Nach meiner Einschätzung hätten die Scheinwerfer eingestellt werden müssen.
Hessische Besonderheiten
Nur in Hessen muss das Gutachten zur Einzelabnahme bei einer der beiden Bündelungsbehörden zur Prüfung übermittelt werden. Diese Behörde wurden im April 2009 bei den Zulassungsstellen in Marburg (Onlineportal) und Fulda (SW Kopien per eMail oder Post) eingerichtet. Während in 15 Bundesländern das Gutachten des KFZ Sachverständigen direkt der örtlichen Zulassungsstelle zur Eintragung vorgelegt werden kann, verursacht in Hessen die Bündelungsbehörde zunächst eine mehrwöchige Verzögerung, die auch mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Wenn die Freigabe der Bündelungsbehörde vorliegt, kann das Gutachten zur Eintragung bei der Zulassungsstelle vorgelegt werden. Bei der Zulassungsstelle Kassel beträgt die Wartezeit auf einen Termin zum Zeitpunkt meiner Notizen drei Wochen! Sechs Wochen nach dem Umbau wurde dem Esel endlich eine neue Betriebserlaubnis erteilt.
Mein Fazit
Die Internetseite vermittelt einen anderen Eindruck, als ich ihn vor Ort wahrgenommen habe. Eigentlich handelt es sich um einen Teilehändler für Offroad Parts, der auch Teile anbaut. Die Werkstatt hat Platz für ein Fahrzeug. Es war keine Hebebühne für den Crafter mit langem Radstand vorhanden. Es ist nicht möglich, spontan zusätzliches Zubehör zu montieren. Der Geschäftsführer ist auch der Mechaniker, der unter dem Fahrzeug auf dem Hallenboden rumrutscht.
Ich hätte gern vorab erfahren, dass einige Arbeiten nicht beim Auftragnehmer erfolgen und mein Fahrzeug während des Umbaus viele Kilometer zurücklegt.
Der Aufenthalt im inkludierten Hotel war angenehm. Ich konnte bereits vormittags einchecken und bis zur Fertigstellung des Fahrzeuges Online im Hotelzimmer arbeiten. Das ganze in kurzer Laufweite zur Werkstatt und einem Einkaufszentrum.
Letztlich ist alles gut geworden. Das Motto der Jungs lautet : keep cool & relax – Genau so machen sie es 🙂
Alternative
Der Hersteller des Fahrwerks hatte mir auch ein Angebot erstellt. Bei ihnen kommt der Sachverständige ins Haus, es sind Hebebühnen vorhanden, Fahrwerksvermessung in eigener Werkstatt, Scheinwerfer Einstellung inklusive und es gibt Messprotokolle und Gutachten. Allerdings war es nicht möglich, die von mir gewünschte Reifengröße in die Fahrzeugpapiere einzutragen.
Erste Fahrten
Wie erwartet ist der Esel nicht mehr so temperamentvoll, was dem größeren Raddurchmesser geschuldet ist. Längsrillen auf der Autobahn mag er nun gar nicht mehr. Aber das sind nur die ersten Eindrücke von der Heimfahrt und einer Wochenendtour in meiner Region.
Die Proportionen sind nach der Fahrwerkshöherlegung in meinen Augen gefälliger. Mit vorne +5,5 cm und hinten +7,5 cm hat der Esel endlich Beine, die nicht am Schienbein enden.
Praxistest in den Westalpen
Im Oktober haben wir den französischen Westalpen vorsichtig probiert was nach dem Fahrwerk höherlegen möglich ist. Rampenwinkel, Verschränkung, große Steigungen auf Schotter…
Das Fahrwerk bereitet mir viel Freude und sorgt für mehr Gelassenheit wenn die Asphaltwege mal verlassen werden. Die Differenzialsperre und der Bergabfahrassistent sind auf losem Untergrund ebenfalls eine feine Sache. Da einzige was jetzt noch stört ist die:
Trittstufe
Auf der Talfahrt vom Tunnel du Parpaillon hatte sie Bodenkontakt. Zunächst nahm ich an, dass eine Reinigung ausreicht, aber den Knick in der Stufe bekommen wir mit waschen nicht raus 🙂
Damit steht das nächste Projekt bereits fest: Ein alternative Trittstufe muss her.